Allensbach-Umfrage zur Schulpolitik und zum Lehrerbild in Deutschland, Meldung vom 31.03.2010

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Allensbach-Umfrage zur Schulpolitik und zum Lehrerbild in Deutschland

Pressemeldung des Deutschen Philologenverbandes vom 31.03.2010

Mehrheit der Bundesbürger erteilt Bildungsföderalismus eine Absage / Achtjähriges Gymnasium und Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen in der Kritik / Je nach Bundesland unterschiedlicher Verbesserungsbedarf an den Schulen angemahnt

Berlin/Düsseldorf, 31. März 2010 – Die Deutschen sind mit den Leistungen der Schulpolitik ihrer Landesregierungen nur bedingt zufrieden. Dies ist ein Ergebnis der Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland, befragt wurden 2.262 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger in den 16 Bundesländern. Die Umfrage wurde im Rahmen des Wettbewerbs „Deutscher Lehrerpreis – Unterricht innovativ", den die Vodafone Stiftung gemeinsam mit dem Deutschen Philologenverband ausrichtet, bereits zum zweiten Mal durchgeführt.

Die Durchschnittsnote für die Länder-Schulpolitik beträgt laut Allensbach-Umfrage 3,6 im Rahmen der normalen Schulnoten-Skala. Auch die am besten bewerteten Bundesländer Bayern (3,3), Hessen und Sachsen (jeweils 3,4) kommen nur auf eine schwache Drei, während sich Berlin (3,9) und Schleswig-Holstein (4,2) am Ende des Noten-Rankings wiederfinden.

Diese Unzufriedenheit mit der Bildungspolitik der Bundesländer und den deutschlandweit auseinanderdriftenden Schulsystemen spiegelt sich auch in einem weiteren Ergebnis der Umfrage wider: 61 Prozent der Bundesbürger favorisieren demnach ein Schulsystem, in dem die Bundesregierung die Verantwortung für die Bildungspolitik trägt. Diese Unter­stützung für eine Zentralisierung ist in den neuen Bundesländern mit Zustimmungsquoten um die 80 Prozent am höchsten und in Bayern (51 Prozent) und Hessen (41 Prozent) am niedrigsten. Aber auch im Land mit der geringsten Zustimmungsquote für eine Zentrali­sierung (Hessen) plädiert noch eine relative Mehrheit für Bundeskompetenzen bei der Bildung.

Kritische Bewertung des achtjährigen Gymnasiums und der geplanten Zusammen­legungen von Haupt- und Realschulen

In dieses kritische Bild passt auch das insgesamt schlechte Urteil der interviewten Bundesbürger über die Einführung des achtjährigen Gymnasiums in den alten Bundes­ländern. In Westdeutschland halten nur sieben Prozent der Befragten die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit für gelungen und 22 Prozent sehen vorübergehende Anpassungs­probleme. 71 Prozent plädieren dagegen entweder für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium oder zumindest für ein paralleles Angebot neun- und achtjähriger Gymna­sialzüge. In den neuen Bundesländern, wo es das G 8 schon länger gibt, ist es fast umgekehrt: Nur ein Drittel ist für eine Einführung des neunjährigen Gymnasiums bzw. ein paralleles Angebot von G 8 und G 9, ein weiteres Drittel sieht noch Verbesserungs­bedarf bei den Lehrplänen und das restliche Drittel ist mit dem achtjährigen Gymnasium zufrieden.

Keine großen Erwartungen setzen die Bürger in die geplante oder bereits beschlossene Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen in einigen Bundesländern. Nur 32 Prozent der Befragten glauben, dass dadurch Hauptschüler bessere Bildungschancen erhalten, allerdings glauben auch nur ebenso wenige daran, dass sich die Schulbildung der bishe­rigen Realschüler dadurch verschlechtern werde. Knapp die Hälfte der Befragten meint, dass sich durch die Zusammenlegung nicht viel ändern wird.

Kleinere Klassen und weniger Unterrichtsausfall sind die Hauptanliegen

Bei der Frage nach dem vorrangigen Verbesserungsbedarf an Schulen setzen die Befragten wie bereits bei der letztjährigen Erhebung vor allem auf konkrete Verbesser­ungen der pädagogischen Rahmenbedingungen und weniger auf mehr Tests und umfas­sende Struktur-Reformen. So ist für 59 Prozent die Verkleinerung der Klassen das vordringlich zu lösende Problem, bei den befragten Eltern schulpflichtiger Kinder sind es sogar 69 Prozent. Gleich an zweiter Stelle der Mängelliste steht der hohe Unterrichts­ausfall: 54 Prozent sehen hier einen besonderen Handlungsbedarf. In den Augen von Eltern hat dieses Problem im Vergleich zur Vorjahresbefragung deutlich an Brisanz gewonnen. Der Prozentsatz der Eltern, die im Unterrichtsausfall eine dringlich zu lösende Aufgabe sehen, ist innerhalb eines Jahres von 57 auf 64 Prozent gestiegen. Darüber hinaus fordert eine Mehrheit der Eltern eine stärkere individuelle begabungsgerechte Förderung ihrer Kinder – 54 Prozent sehen in diesem Bereich hohen Handlungsbedarf. Dagegen hält nur jeweils ein Drittel der Befragten die Einrichtung von mehr Ganztags­schulen (34 Prozent), die Verlängerung der Grundschulzeit (32 Prozent) oder die regel­mäßige Überprüfung der Schulen durch Leistungstests (30 Prozent) für vordringliche Handlungsfelder.

Wie die Umfrage weiter zeigt, werden in den Bundesländern unterschiedliche Prioritäten gesetzt, wenn es um den Verbesserungsbedarf an deutschen Schulen geht. So sehen die Befragten aus Rheinland-Pfalz die Verringerung des Stundenausfalls (73 Prozent) als vorrangig zu lösendes Problem. Im Vergleich dazu sind es im Saarland nur 34 Prozent und in Thüringen 39 Prozent.

Ähnlich groß ist die Spannbreite zwischen den Bundesländern bei der Forderung nach einer Verkleinerung der Klassen. Auch da finden sich in Rheinland-Pfalz die meisten Bürger, die dies als ein wichtiges Handlungsziel sehen (68 Prozent), während es in Sachsen (46 Prozent) und Thüringen (44 Prozent) deutlich weniger Menschen als großes Problem sehen.

Lehrer, Eltern und Schüler gleichermaßen verantwortlich für mangelnde Schulleistungen

Bei den Fragen nach dem Bild des Lehrers in Deutschland und den von guten Lehr­kräften geforderten Eigenschaften bestätigen sich die Befragungsergebnisse aus dem Vorjahr: Haupteigenschaften eines guten Lehrers sind für die meisten Deutschen die Fähigkeit, Kinder motivieren und begeistern zu können sowie eine hohe fachliche Kompetenz. Ansonsten ist das Lehrerbild ambivalent: Einerseits wird anerkannt, dass der Beruf anstrengender und fordernder geworden ist (54 Prozent), andererseits wird aber auch kritisiert, dass Lehrer zu viel über ihre Belastung klagen (51 Prozent).

Die allgemeine Bewertung der Lehrer ist deutlich schlechter als das Urteil über den Unterricht der Lehrkraft der eigenen Kinder. So sagt ein knappes Drittel aller Befragten (30 Prozent), dass sich Lehrer um gerechte Noten bemühen. In der Gruppe der Eltern mit schulpflichtigen Kindern dagegen meinen dies 53 Prozent. Ein vergleichbares Meinungsbild zeigt sich bei der Frage, ob der Unterricht interessant gestaltet wird (Gesamt: 19 Prozent; Eltern: 47 Prozent) sowie bei der Frage, ob Lehrer ihren Beruf lieben (Gesamt: 14 Prozent; Eltern: 44 Prozent).

Dr. Mark Speich, Geschäftsführer der Vodafone Stiftung Deutschland: „Lehrer tragen auf dem Weg zu einer modernen Wissensgesellschaft in unserem Land große Verant­wortung. Die Allensbach-Studie zeigt, dass Lehrer heute mehr denn je vor die Heraus­forderung gestellt sind, mit Erziehungsdefiziten und sozialen Ungleichheiten umzugehen. Pädagogen brauchen vor allem die öffentliche Anerkennung, die sie verdienen, um ihren Beruf mit Freude und Motivation auszuüben."

Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des DPhV, ergänzt, dass „viele Lehrer sehr gute Arbeit leisten und sich bei den Eltern und Schülern hoher Wertschätzung erfreuen. Jetzt kommt es aber darauf an, dass die Wertschätzung aus dem Kreis der Betroffenen auch zu einem insgesamt höheren gesellschaftlichen Ansehen der Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland generell führt. Dazu soll der von der Vodafone Stiftung und dem DPhV getragene Wettbewerb ‚Deutscher Lehrerpreis' einen wichtigen Beitrag leisten."

Hinweis für die Redaktionen: Alle Informationen zur aktuellen Allensbach-Umfrage stehen in der digitalen Pressemappe unter: www.lehrerpreis.de/documents/allensbach2010.pdf zur Verfügung. Foto- und Video­material finden Sie unter www.lehrerpreis.de/mediathek/.



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